03.03.2020
SWP vom 20.2. "Klimawandel im doppelten Sinn"

Der Klimawandel beschäftigt Roland Prießnitz schon lange. Das so genannte Jahrhundert- Hochwasser an Pfingsten 1999, das die Neu-Ulmer Innenstadt überflutete, war für ihn kein singuläres Ereignis. Sondern bereits ein Zeichen für den Klimawandel. Er kann sich noch gut erinnern, wie er im Landtagswahlkampf 2003 zur damaligen Neu-Ulmer Oberbürgermeisterin Beate Merk sagte, als es um Hochwasserschutz ging: „Neu-Ulm ist zur Retentionsfläche geworden.“

Für den OB-Kandidaten der Freien Wähler, den auch die Piraten unterstützen, ist deshalb klar: „Wir müssen auf den Klimawandel reagieren und umsteuern.“ In Neu-Ulm zum Beispiel beim Verkehr: Prießnitz möchte eine autoarme Innenstadt, besseren Nahverkehr und einen Ausbau der Park & Ride-Angebote.

Nicht von oben nach unten

Klimawandel hat für Prießnitz aber noch eine zweite Bedeutung. Eine, die noch unmittelbarer mit Neu-Ulm zu tun hat. Ihm missfällt, wie die Stadtspitze die Bürger behandelt. Als besonders einschneidend hat er die Auseinandersetzung um die Kreisfreiheit erlebt. Zuerst, sagt er, sei es ihm wie den Freien Wählern lediglich um eine Debatte zur Zukunft der Stadt gegangen. Dann aber habe er feststellen müssen: „So lief das nicht.“ Stattdessen wurde „von oben nach unten“ argumentiert, vom OB hinunter zu den Bürgern. Echte Beteiligung, gar Mitbestimmung? Fehlanzeige. Aus dieser Erkenntnis heraus, sagt Prießnitz, habe er zusammen mit Klaus Rederer nicht nur die Bürgerinitiative gegen die Kreisfreiheit gegründet, sie kam so auch zu ihrem Namen: „Nuxit – so geht’s net“.

Während der Nuxit-Debatte sei bei vielen Bürgern ein Gefühl der Ohnmacht entstanden. Dem will Prießnitz entgegenwirken, mit einem „Klimawandel“. Er will die Bürger- und Zivilgesellschaft stärken, die Menschen einbinden und versuchen, Beweggründe für anstehende Entscheidungen zu vermitteln. „Die Bürger artikulieren klare Bedürfnisse“, sagt er. „Wir müssen sie frühzeitig aufnehmen und nicht hinterher die Scherben zusammenkehren.“ Als jüngstes Negativ-Beispiel nennt der FWG-Kandidat die Diskussion um die Umgehungsstraße in Hausen und Jedelhausen.

Zuhören, beteiligen, diskutieren – das müsse auch gelten für das Binnenverhältnis im Rathaus. Prießnitz spricht davon, „die Kräfte in der Verwaltung wieder zu heben“. Diskussionen sollten innen wie außen „sachlich, offen, tolerant“ geführt werden.

Als einer der Sprecher der Anti-Nuxit-Kampagne stieg Prießnitz tief ein ins Verwaltungsrecht, befasste sich ausführlich mit der bayerischen Gemeindeordnung. „Danach fühlte ich mich reif für das Amt des OB.“ Die Staatsregierung versagte der Stadt die Kreisfreiheit, die Bürgerinitiative hatte mit ihrem Anliegen also Erfolg. Etliche Probleme, die die Nuxit-Befürworter ins Feld geführt hatten, blieben freilich bestehen. Prießnitz ist aber überzeugt: Sie können gelöst werden, auch wenn Neu-Ulm kreisangehörig bleibt.

Den öffentlichen Nahverkehr zum Beispiel könnte die Stadt in eigener Regie und auf eigene Kosten betreiben. Die Gemeindeordnung lasse das zu. Allerdings müsste Neu-Ulm dann auch die Zuschüsse für den ÖPNV erhalten, sich also mit dem Landkreis einigen. Zwar gebe es durchaus Fallstricke, „die Gemeindeordnung müsste dringend reformiert werden“, vor Gesprächen mit dem Landrat wäre Prießnitz als OB aber nicht bang. Dass der 58-Jährige an der Spitze der Kreisfreiheitsgegner stand, wäre dabei sicherlich kein Schaden.

Die Anti-Nuxit-Kampagne hat Prießnitz bekannt gemacht in der Stadt und im Landkreis. „Wenn ich sage: Ich bin der vom Nuxit, dann können die Leute mich verorten.“ Davon möchte er als OB-Kandidat profitieren. Ihn treibe in seinem Engagement vor allem eines an: „Ich möchte etwas tun für meine Heimatstadt.“ Roland Prießnitz ist in Neu-Ulm geboren, in der Luitpoldstraße aufgewachsen, wohnt mit seiner Frau und den beiden Kindern im Villenviertel. Er hat als Kind in der Innenstadt gespielt und in der Donau das Schwimmen gelernt. Später studierte er Betriebswirtschaft, war unter anderem Geschäftsführer der Ulmer Firma Mocopinus und machte sich 2014 als Steuerberater selbstständig.

Sein beruflicher Hintergrund erklärt ein Stück weit sein politisches Engagement. Prießnitz war Mitglied der FDP und bis 2013 sogar Kreisvorsitzender. Er verließ die FDP und sagt heute, er sei froh, frühzeitig „einen Schnitt gezogen“ zu haben. Zu Beginn seines Einsatzes gegen die Kreisfreiheit kam er zu den Grünen – der Partei des Co-Sprechers Klaus Rederer.

Prießnitz merkte aber bald, dass er und die Grünen nicht so recht zueinander passten. „Ich komme aus der Wirtschaft, ich stehe manchen zu sehr auf der Kapitalseite.“

Er selbst sieht das freilich nicht als Nachteil, im Gegenteil. Zahlen sind seine Welt, unternehmerisches Denken ebenso. Beides sei hilfreich und sogar nötig, um an der Spitze einer Stadt zu stehen. Ein Unternehmer müsse stets strategisch überlegen, wie er seine Firma ausrichtet. Nicht anders sei es für eine Stadt. „Neu-Ulm und die Region stehen im Wettbewerb mit anderen“, sagt der FWG-Kandidat. „Wir müssen die Rahmenbedingungen schaffen, damit sich die Stadt gut entwickelt.“ Dazu will er seinen Beitrag leisten. Am liebsten als Oberbürgermeister.

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